Sehr geehrte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger
Seit Generationen ist die Schweiz von Werten wie Freiheit, Solidarität, Rücksichtnahme und dem friedlichen Zusammenleben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen geprägt. Die bevorstehende Abstimmung über ein muslimisches Grabfeld auf dem Weinfelder Friedhof stellt eine wichtige Weichenstellung dar, um diesen Grundwerten treu zu bleiben. Es geht nicht um Sonderrechte, sondern um die gleiche Würde für alle Bürgerinnen und Bürger – auch im Tod.
Ein Zeichen der Integration statt der Abgrenzung
Viele der ersten muslimischen Menschen kamen in den 1960er-Jahren als Arbeiterinnen und Arbeiter in die Schweiz, um zum wirtschaftlichen Aufschwung beizutragen. Sie haben unser Land mit aufgebaut und sind hier zu Hause. Ihre Kinder und Enkel sind in der Schweiz geboren, sprechen die Landessprachen, arbeiten hier, zahlen Steuern – sind Teil unserer Gesellschaft. Die Möglichkeit, im Einklang mit ihrem Glauben in ihrer Weinfelder Heimat zur letzten Ruhe gebettet zu werden, ist daher ein natürlicher Wunsch, der niemandem verwehrt werden sollte. Ein muslimisches Grabfeld ist kein Zeichen der Abgrenzung, sondern der Integration: Es zeigt, dass diese Menschen nicht nur hier leben, sondern auch angekommen sind.
Friedhöfe sind Orte der Würde und der Vielfalt
In der Schweiz gibt es schon lange verschiedene Bestattungsformen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden. Urnenwände, Gemeinschaftsgräber oder themenbezogene Grabfelder sind Ausdruck einer pluralistischen Gesellschaft. Warum sollten also Menschen muslimischen Glaubens nicht entsprechend ihren religiösen Riten beerdigt werden können?
Die Einrichtung eines muslimischen Grabfeldes widerspricht nicht der Neutralität des Friedhofs. Im Gegenteil: Sie ist ein Zeichen dafür, dass unser Land unterschiedliche Lebensrealitäten respektiert. Niemand wird dadurch benachteiligt, aber viele fühlen sich dadurch einbezogen.
Gleiche Rechte für alle Bürgerinnen und Bürger
Ein Vorbehalt gegen muslimische Grabfelder lautet, dass alle Menschen gleich behandelt werden sollen. Gleichbehandlung bedeutet jedoch nicht, alle gleich zu machen, sondern unterschiedliche Bedürfnisse zu berücksichtigen. Die Schweiz hat sich immer dadurch ausgezeichnet, pragmatische Lösungen zu finden, die den Menschen gerecht werden. Die Gewährung einer Bestattungsmöglichkeit nach religiösen Grundsätzen ist kein Privileg, sondern ein Ausdruck unserer humanitären und demokratischen Werte, wie Menschenwürde und Religionsfreiheit.
Zusammenhalt statt Spaltung
Gerade in einer Zeit, in der Diskussionen oft polarisieren, können wir mit dieser Abstimmung ein Zeichen des Zusammenhalts setzen. Die Anerkennung muslimischer Grabfelder bedeutet nicht, dass andere Traditionen verloren gehen oder gesellschaftlich gewachsene und gesetzlich vorgeschriebene Grenzen überschritten würden. Vielmehr geht es darum, eine Lösung zu schaffen, die uns als Gesellschaft enger zusammenrücken lässt und Vielfalt als Bereicherung aufnimmt. Anerkennung der Bestattungsriten anderer Menschen bedeutet Anerkennung für das Leben, das sie hier mit uns geführt haben.
Unsere Verantwortung als Gesellschaft
Wir alle wissen, wie wichtig es ist, einen würdevollen Ort zu haben, an dem wir unsere Liebsten verabschieden können. Stellen Sie sich vor, Ihre Familie müsste einen geliebten Menschen in ein anderes Land überführen, weil es hier keine angemessene Bestattungsmöglichkeit gibt. Würden Sie sich nicht auch eine lösungsorientierte, menschliche Lösung wünschen?
Deshalb bitten wir Sie:
Geben Sie mit Ihrem JA ein klares Signal für Zusammenhalt und ein gutes Miteinander. Lassen Sie uns gemeinsam eine Schweiz gestalten, in der alle Bürgerinnen und Bürger mit Würde behandelt werden – im Leben und im Tod.
Herzlichen Dank für Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung.